Forsite Verlag Beiträge zur Frühgeschichte Völkerwellen aus dem Norden und ihre esoterische Bestätigung

Völkerwellen aus dem Norden und ihre esoterische Bestätigung



Die Insel Skandinavien war einst der „Geburtsschoß der Völker“ – dies jedenfalls bemerkte der gotische Geschichtsschreiber Jordanes im 6. Jahrhundert.

Mit dieser Aussage konnten die ersten Prähistoriker im 19. Jahrhundert indes wenig anfangen. Die noch in den Kinderschuhen steckende Archäologie legte in Deutschland und anderen Teilen Europas fast ausschließlich Bauwerke der Römer frei. Von Germanen und ihren Vorfahren fehlte zumeist jede Spur. Vor diesem Hintergrund kann es nicht verwundern, daß die führenden Prähistoriker des 19. Jahrhunderts davon ausgingen, daß Nordeuropa lange Zeit ein Barbarendasein fristete, bevor die Römer die in Felle gehüllten Ureinwohner zivilisierten. Zwar gab es auch schon Prähistoriker, die im 19. Jahrhundert zu anderen Schlüssen kamen – etwa Ernst Krause oder Karl Penka -, allein mangelte es zumeist an belastbaren wissenschaftlichen Bestätigungen ihrer Thesen, wie etwa entsprechenden archäologischen Funden.

Unterstützung fanden die abweichenden Thesen allerdings innerhalb der esoterischen Bewegungen Europas. 1886 etwa schrieb Edouard Schuré über die Nordvölker:

„Man könnte sagen, daß die Eisblöcke des Nordpols das Aufkeimen der weißen Rasse gesehen haben. Es sind die Hyperboräer, von denen die griechische Mythologie spricht. Diese Männer mit den roten Haa­ren und den blauen Augen kamen aus dem Norden, durch ihre Polar­licht erhellten Wälder, begleitet von Hunden und Rentieren, geführt von kühnen Häuptlingen und vorwärtsgetrieben von Seherinnen. Goldige Haare und himmelblaue Augen: auserwählte Farben. Diese Rasse sollte den Kultus der Sonne und des heiligen Feuers aufrichten und in die Welt die Sehnsucht nach dem Himmel hineintragen.“

Auch andere Protagonisten der Theosophie und der diversen Rosenkreuzerbünde sprachen in ihren Veröffentlichungen von einem Ursprung von Wissen und Kultur, einem „Licht“ aus dem Norden, genauer gesagt aus der Subarktis. Réne Guénon konkretisierte dies seinerzeit wie folgt:

„In Wirklichkeit soll Shambhala im Hohen Norden zu suchen sein, und die Verbindung, die man unter diesem Aspekt mit anderen Traditi­onen machen kann, erlaubt es, Shambhala mit dem hyperboräischen Tula (Thule) gleichzustellen, dem Ausgangspunkt der ursprüngli­chen Tradition unseres Manvantara (Zeitalters).“

Die führende Wissenschaft begegnete derlei Überlieferungen mit klarer Ablehnung. Tatsächlich sind Völkerwellen aus dem Norden erst für die Zeit der Völkerwanderung seit dem 4. Jahrhundert sehr gut durch schriftliche Quellen dokumentiert. Ob Burgunder, Wandalen, Alemannen oder Goten, sie alle brachen aus ihrer Heimat auf, um neue Siedlungsgebiete zu erschließen; am Ende der Wanderungen entstanden die Vorläufer der späteren europäischen Nationalstaaten.

Für die Jahrhunderte zuvor, für die Antike, die Eisen- und die Bronzezeit fehlen dagegen schriftliche Belege, so daß die Wissenschaft lange Zeit davon ausging, daß der Norden Europas vor der Zeit des Frühmittelalters keinen größeren Einfluß auf den Rest des Kontinentes ausübte. Diese Aufassung wurde vor allem mit der Zunahme archäologischer Funde in Europa seit den 1920er Jahren von diversen Forschern in Zweifel gezogen und erhielt innerhalb des 3. Reiches eine staatliche Rückendeckung, Allerdings wurden diese Stimmen nach dem Ende des 2. Weltkrieges weitgehend ignoriert. Durch die zunehmend an Bedeutung gewinnende Archäogenetik für die Entschlüsselung der europäischen Frühgeschichte schien es lange Zeit, als sei die Bedeutungslosigkeit Nordeuropas vor dem Mittelalter nunmehr wissenschaftlich bestätigt. Seit einigen Jahren indes, kristallisiert sich immer mehr heraus, daß diese Ansicht falsch ist.

Anhand der Entschlüsselung der Y-Haplogruppen, also der kurzen DNS-Abschnitte die fast unverändert von Vätern auf ihre Söhne übertragen werden, ließ sich eine chronologische Ausbreitung von Völkerwellen aus dem Norden ausmachen. So läßt sich eine sehr frühe südöstlich gerichtete Ausbreitung von Männern um die Zeit um 9000 v. Chr. nachweisen, die die typisch europide Y-Haplogruppe I2 trugen. Diese Ausbreitung läßt sich archäologisch ebenfalls erfassen. Für die Prähistoriker Leonid Zalizniak und Andrew Collins sind es Angehö­rige der skandinavischen Lyngby-Brömme-Kultur bzw. der östlich angrenzenden Swiderien-Kultur, die um 9000 v. Chr. entlang der Weichsel und Memel in Richtung Dnjepr und Wolga im Südwesten Rußlands vorstoßen. Das Beweismittel Zalizniaks: eine aus dem europäischen So­lutréen bekannte Geräteform der Flintpressung, die um 8500 v. Zw. erstmals in Anatolien nachgewiesen ist und wohl schon einige Zeit zuvor importiert worden war.

Die Heimat dieser frühen Welle lag demnach im Gebiet zwischen dem damaligen Doggerland und dem heutigen Nordpolen und die Ausbreitung läßt sich bis auf die Krim und nach Anatolien nachweisen. Dort entstand um 9000 v. Chr. auch die älteste Großsteinanlage in Göbekli Tepe. Wurde sie unter Anleitung der Einwanderer aus dem Norden errichtet? Die Frage läßt sich bislang nicht eindeutig beantworten, doch ist diese Annahme nicht unahrscheinlich, zumal auch eine in der Nähe gefundene zeitgleichee Steinstatue – der Urfa-Mensch – einen langschädeligen Mann europiden Typs zu portraitieren scheint.

Ab 5000 v. Chr. erscheint die europide Y-Haplogruppe I2 eng verbunden mit der Ausbreitung der Megalithkultur und ihren Anlagen aus großen Steinen. Auch für sie läßt sich eine Südost-Richtung nachvollziehen. Als früheste steinerne Anlagen gelten derzeit Megalithgräber in der Bretagne, allerdings ist es nicht unwahrscheinlich, daß die um diese Zeit schon in vollendeter Perfektion entstehenden Bauten auf Vorgänger zurückblicken, die noch weiter im Norden entstanden sein könnten. Entlang der Flußläufe dringen Menschen der Megalithkultur bis zum Schwarzen Meer vor, wo ebenfalls Großsteinbauten errichtet werden.

Im Laufe des 4. Jahrtausends erreicht die Megalithik auch den Mittelmeerraum mit Schwerpunkten in Nordafrika und auf mehreren Mittelmeerinseln. Hier hält sich die Großsteinbauweise in immer neuen Formen bis in das 2. Jahrtausend.

Anders dagegen in Nord- und Mitteleuropa. Hier verschwinden die Y2-Träger an der Wende des 4. zum 3. Jahrtausend zunehmend. Zwar werden weiterhin noch steinerne Gräber errichtet und auch alte Steingräber weiter genutzt, die ursprüngliche Megalithidee jedoch hat ihren Zenit überschritten. An die Stelle der alten Adelsgeschlechter, die sich bislang ausschließlich in Großsteingräbern fanden, treten nun Angehörige der Y-Haplogruppen R1a und R1b. Ihre Heimat lag nicht etwa im Südosten, im der russisch-urkainischen Steppe, wie heute vielfach suggeriert, sondern im Baltikum. Gemeinsam mit der dort um 3000 v. Chr. entstandenden Schnurkeramikkultur stoßen die auch Streutaxtleute genannten Stämme erst nach Südwesten, später auch nach Südosten vor.

Mit ihnen gelangen indogermanische Sprachen in weite Teile Eurasiens. Anders als die Megalithleute dringen die Schnurkeramiker ausschließlich auf dem Landweg vor.

In Europa selbst bildet sich um 2300 v. Chr. aus Schnurkeramikern, Glockenbecherleuten und Resten der alten I2-Adelsschicht die Aunjetitzer Kultur, die das führende Machtzentrum Mitteleuropas in der Bronzezeit darstellt.

Zeitgleich türmt sich in Skandinavien schon die nächste Völkerwelle auf, die wenie Hundert Jahre später ganz Europa überfluten sollte. Es handelt sich um die Vorfahren der Germanen, die unter der Y-Haplogruppe I1 identifiert werden können, die seit 2000 v. Chr. zunehmend an Bedeutung gewinnt. Als Kulturgruppe der Nordischen Bronzezeit stehen sie schon bald der Aunjetitzer Kultur ebenbürtig gegenüber. Seit dem 16. Jahrhundert v. Chr. übernehmen sie die Kontrolle über den schon seit Jahrhunderten ausgeübten Handel mit Bernstein, der von den Küsten der Nord- und Ostsee bis nach Ägypten gehandelt wird.

Um 1200 v. Chr. brechen dann in Folge einer großen Naturkatastrophe – wahrscheinlich in Folge eines Meteoriteneinschlags – erneut große Völkerwellen aus dem Norden auf. Diese Episode wird heute unter dem Begriff der Urnenfelderkultur zusammengefaßt, und ist auch als Dorische oder Seevölkerwanderung bekannt. Die nun nach Süden strömenden Stämme beerben die alten indogermanischen Kulturen von Mykene, Troja und Hethitien. An ihrer Stelle entstehen neue Völker, wie die Kelten in Zentraleuropa, sowie neue Reiche, die uns einige Hundert Jahre später als klassische antike Staaten begegnen: Etrurien (Reich der Etrusker), Rom, Griechenland (Athen und Sparta).

Mit den neuen Erkenntnissen über den Norden als Ausgangspunkt zahlreicher Völkerwellen und Kulturimpulse werden aber auch die esoterischen Überlieferungen wieder interessant, die schon im 19. Jahrhundert zumindest einige heutige Erkenntnisse vorwegnahmen.

So berichtet etwa der französische Esoteriker Alexandre Saint-Yves d´Alveydre von einem Zeitzyklus des Ram, der um 9000 v. Chr. begonnen haben soll. Zu dieser Zeit habe der Priesterkönig Ram, der „keltischen“, also wohl indogermanischen Ursprungs war, die Herrschaft an sich gerissen und ein theokratisches Herrschaftsreich der „weißen Rasse“ errichtet, das 6000 Jahr andauerte und sich bis nach Asien erstreckt haben soll. Eine zumindest mögliche Übereinstimmung mit den südöstlichen Völkerzügen bis nach Göbekli Tepe.

Gegen 3100 v. Chr. sollen die Anhänger Rams in Folge der Abspaltung eines Teils des Reiches unter Führung eines gewissen Irshu ihre Machtstellung eingebüßt haben. Reste der Ram-Anhänger hätten sich der Legende zufolge in unterirdische Höhlen zurückgezogen und verborgene Reiche errichtet, deren bekanntestes jenes von Agarthi im Himalaya gewesen sei. Nun erscheint dieses Detail zugegebenermaßen reichlich unwahrscheinlich, jedoch existiert dafür noch einen weitere Quelle in Form einer irischen Sage. Dieser zufolge sollen sich die Tuatha de Danann, die von vielen Forschern mit den britischen Megalithbauten in Verbindung gebracht weden, nach einer Niederlage gegen die von Druiden geführten Milesier, in unterirdische Hügel zurückgezogen haben und hießen seitdem die Leute aus den Hügeln. Die Zeitangabe 3100 v. Chr. entspricht ziemlich genau der Zeit, als die alten Herrschergeschlechter der Y-Haplogruppe I2 rasant an Zahl verlieren und in vielen Gebieten durch R1a und R1b-Leute ersetzt wurden.

Mit den Tuatha de Danann ebenso wie mit den Menschen von Agartha verbunden ist eine Überlieferung, die in ähnlicher Form auch für keltisch-germanische Herrscher existiert: Eines Tages sollen sie aus der Unterwelt hervortreten, um in einem letzten Kampf das Böse zu vernichten. Der Forscher Ferdynand Ossendowski verband diese Legende für die Menschen von Agartha mit dem Jahr 2029. Ob auch diese esoterische Überlieferung zutreffend ist, werden wir wohl erst in ein paar Jahren erfahren….

Weiterführende Literatur:

René Guénon: Der König der Welt
Dennis Krüger: Archäogenetische Irrwege
Dennis Krüger: Hyperborea – der Mensch aus dem Norden in der Frühgeschichte
Karl Penka: Die Herkunft der Arier
Alexandre Saint-Yves d´Alveydre: Das Mysterium von Agartha. Indiens Mission in Europa.

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